Die Geschlossenheit der symptomatischen Kieselbetonwände und die Strenge der ineinander geschachtelten Bauelemente stehen ebenso für Fritz Bornemanns Architektur, wie die offenen Glasfassaden, die den Blick auf fließende Räume mit rhythmisierten Wegführungen und einer gezielten Lichtregie freigeben. Ganz im Gegensatz zur Nüchternheit der modernen Bauten ergeben sich aus diesen gerahmten Blickachsen Kulissen und bewegte Bilder, die von der Inszenierungslust des Architekten erzählen. Dabei verweisen die hervorragende Akustik in der Deutschen Oper, die optimale Sicht auf die Bühne vom gesamten Zuschauerraum des Hauses der Berliner Festspiele und der prägnante Einsatz von Licht und Dunkelheit in den Ausstellungsräumen der Museen Dahlem auf den außerordentlichen Sinn für die Künste, für die Fritz Bornemann (* 12. Februar 1912 in Berlin; † 28. Mai 2007 ebenda) mit seiner Architektur so funktionelle wie markante Räume gestaltete.
Als einer der wichtigsten Vertreter der sachlichen Nachkriegsmoderne prägte Bornemann – der von 1933 bis 1936 an der Technischen Hochschule bei Hans Poelzig Architektur studierte – ab 1945 als Bauleiter Berlins das Stadtbild. Mit der Amerika-Gedenkbibliothek (1951-55), dem Haus der Berliner Festspiele (1960-63) – das damals als Theater der Freien Volksbühne unter der Leitung von Erwin Piscator errichtet wurde – und der Deutschen Oper (1961), gefolgt vom Anbau des Rathauses in Berlin Wedding (1964-66) und den Museen Dahlem (1966–1972) entwarf Bornemann ab 1950 als freier Architekt – oft in Zusammenarbeit mit anderen Architekten oder aber als Weiterführung bestehender Bauten – einige der bedeutendsten Gebäude der Moderne in Berlin.
Unverkennbar ist der sachliche, formal strenge Stil des Architekten, der mit dem krassen Gegensatz von Transparenz und Geschlossenheit spielt und die Materialität als solche durch gänzlich geschlossene Betonfassaden einerseits und großzügige Glasfronten andererseits in den Vordergrund rückt, wobei der Waschbeton als dominanter Baustoff der demokratischen Architektur eine bezeichnende Rolle einnimmt. In bewusster Absetzung vom Repräsentationsbau strebt Bornemann mit seiner Architektur eine Enthierarchisierung an, die sich sowohl in der ästethischen Gestaltung wie auch im egalitären Aufbau der Zuschauerräume wiederspiegelt. Die Bezeichnung der „Architektur als dienende Hülle“ trifft dabei zwar zu, greift aber zu kurz, wie Gebäude wie das Haus der Berliner Festspiele zeigen, dass sich bei aller Klarheit markant und widerständig gibt, wie der Architekturkritiker Nikolaus Bernau im Blogbeitrag „Wer war Fritz Bornemann?“ näher erläutert.
Wie präsent und dabei widerständig die Architektur Fritz Bornemanns auch im heutigen Stadtbild Berlins erscheint, hält der Fotograf Noshe – dessen besonderer Blick auf urbane Räume seine Arbeiten prägt – in den Bildern zu diesem Beitrag fest. Auf den Spuren des Architekten begibt er sich in die Spannungsfelder zwischen den Gebäuden in ihrer Historizität und ihrer Verortung im lebendigen Stadtraum, und erfasst dabei die Details, die so bezeichnend sind für die viel beschriebene spröde Eleganz von Waschbeton, die Fritz Bornemanns Architektur auszeichnet.