Die Geschichte der Berliner Festspiele ist viele Geschichten. Einige davon erzählen wir im Jahr des 70-jährigen Bestehens in unserer Reihe #Festspielgeschichten. Wir beginnen mit einem Beitrag der Staatsministerin für Kultur und Medien Prof. Monika Grütters MdB, bereits seit den 1980er-Jahren eine treue Besucherin und passionierte Ticketsammlerin.
Wenn Familien zur Feier eines runden Geburtstags zusammenkommen, werden zum Schwelgen in Erinnerungen früher oder später alte Fotos herausgekramt. Mit einem „Weißt Du noch“ fängt es an. Amüsiert bis fassungslos kommentiert man zwischendurch die aus heutiger Sicht fragwürdigen Frisuren und Outfits. Und irgendwann seufzt jemand „Wie die Zeit vergeht!“
Wenn eine traditionsreiche Kulturinstitution ihr 70. Jubiläum feiert, ist das im Grunde nicht anders. Weil die Mitarbeiter- und Künstlerinnen-Familie und der große Freundeskreis der Berliner Festspiele allerdings gerade pandemiebedingt nicht zusammenkommen können, habe ich mich zuhause allein auf die Suche nach Erinnerungsstücken aus den erfolgreichen Berliner Festspieljahrzehnten begeben, die ich selbst miterlebt habe. Gefunden habe ich einen stattlichen Stapel Tickets, den ich zum Schwelgen in Erinnerungen vor mir aufgefächert und dabei selbst gestaunt habe, wie viele unvergessliche Kulturerlebnisse im Laufe der Jahre zusammengekommen sind. Unzählige Konzerte waren dabei, viele im Rahmen des Musikfestes und des Jazzfestes. Berlinale-Filmpremieren gehörten alle Jahre wieder zu den Höhepunkten in meinem persönlichen Kulturkalender. Tanz und Theater, darunter Inszenierungen aus dem gesamten deutschsprachigen Raum beim alljährlichen Theatertreffen, haben mir grandiose Abende beschert. Und immer wieder gab es spektakuläre Ausstellungen im Martin-Gropius-Bau, die mir im Gedächtnis geblieben sind.
1989 bin ich endlich nach Berlin gezogen, auch um meinen Kulturhunger zu stillen – unter anderem am immer reich gedeckten Tisch der Berliner Festspiele.
Meine persönliche Geschichte mit den Berliner Festspielen beginnt Ende der 1980er. Damals habe ich noch im beschaulichen Bonn studiert und bin für Theaterstücke und Konzerte, die ich unbedingt erleben wollte, nach Berlin getrampt. Da kam es schon mal vor, dass ich im Schlafsack vor der Philharmonie genächtigt habe, um an Karten für einen Karajan-Abend zu kommen. Zum Glück haben es mir die Berliner Festspiele etwas leichter gemacht und mir auch ohne Übernachtungen an der Ticketkasse legendäre Abende beschert. 1989 bin ich endlich nach Berlin gezogen, auch um meinen Kulturhunger zu stillen – unter anderem am immer reich gedeckten Tisch der Berliner Festspiele.
In den vergangenen sieben Jahren hatte ich das ungeheure Privileg, den Berliner Festspielen auch dank fachlicher Zuständigkeit als Kulturstaatsministerin regelmäßig einen Besuch abstatten zu dürfen – eine Ehre, von der ich nicht einmal zu träumen gewagt hätte, als ich einst als Studentin in Bonn mit nach oben gerecktem Daumen auf ein Auto wartete, das mich nach Berlin mitnimmt. Eröffnung des Theatertreffens, Berlinale-Premieren, Vernissagen im Gropius-Bau: Das sind dienstliche Termine, um die mich so manche Kollegin, so mancher Kollege im Kabinett heiß beneidet. Und die ich im Übrigen gerade schmerzlich vermisse…
So wünsche ich mir und den Berliner Festspielen im Coronajahr 2021 vor allem eines: dass mein Stapel an Tickets, die ich zur Erinnerung an herausragende Kulturerlebnisse aufbewahre, bald weiterwachsen kann! Darauf freue ich mich als Kulturliebhaberin – und daran arbeite ich als Kulturstaatsministerin. Herzlichen Glückwunsch zum 70. Jubiläum!
Mehr über die Geschichte der Berliner Festspiele können Sie noch bis 17. Oktober 2021 in in der Ausstellung „Everything Is Just for a While“ im Gropius Bau erfahren.