Gleich mehrere Festivals, die 2015 unter dem Dach der Berliner Festspiele stattfinden, werden sich in unterschiedlichen Veranstaltungsformaten mit den Themen der Zeit und der langen Dauer auseinandersetzen. Den Auftakt macht von 20. bis 29. März die neu konzipierte MaerzMusik – Festival für Zeitfragen. In unserer Reihe „Durational Art“ stellen wir Experimente in Langzeitformaten vor – in Musik, Film, Theater, Bildender Kunst etc.
„Longplayer“, Jem Finer
Musik für Algorithmen: Jem Finer, einst Gründungsmitglied der Punkband The Pogues, komponierte 20 Minuten und 20 Sekunden, die fortan 1.000 Jahre lang von einem Algorithmus variiert werden.
„ORGAN²/ASLSP“, John Cage
Musik für Entschleunigte: „As slow as possible“ lautet die Anweisung in Cages Partitur. Bei der Uraufführung dauerte das Stück noch knappe 29 Minuten, seit 2001 wird es in Halberstadt mit einer Gesamtdauer von 639 Jahren aufgeführt.
„9 Beet Stretch“, Leif Inge
Musik für taube Komponisten: Man sagt, nach seiner Ertaubung habe Beethoven in extremer Langsamkeit dirigiert. Wie mag sich seine Neunte in diesem Zustand der Entschleunigung angefühlt haben? Leif Inge verlangsamt sie um das 20-fache und spürt der Frage nach. Zum ständigen Livestream geht es hier, im Rahmen des Abschlussabends von MaerzMusik – Festival für Zeitfragen 2015, „The Long Now“, wird „9 Beet Stretch“ im Kraftwerk Berlin in voller Länge zu hören sein.
„Streichquartett Nr. 2“, Morton Feldman
Musik als sich entwickelndes Ding: Für seine fünfstündige Komposition wollte Morton Feldman 1983 die innere Uhr seiner Komponistengeneration hinter sich lassen, die, wie er anmerkt, allzu oft nur den Bereich zwischen 20 und 25 Minuten vermaß. „Bis zu einer Stunde Dauer denkt man über die Form nach, doch nach eineinhalb Stunden zählt der Umfang.“ Um mit diesem umzugehen, sei eine andere Art der Konzentration erforderlich: „Vorher waren meine Stücke wie Objekte; jetzt sind sie wie sich entwickelnde Dinge.“ In vollem Umfang wird Feldmans 2. Streichquartett in der Interpretation durch das Minguet Quartett ebenfalls bei „The Long Now“ zu erleben sein.
„7 Skies H 3“, The Flaming Lips
Musik für Totenschädel: „7 Skies H 3“ ist ein 24-stündiger Song der Popband The Flaming Lips. In der auf 13 Exemplare limitierten EP „24 Hour Song Skull“ wurde er auf einem USB-Stick gespeichert – verpackt in einen (echten!) menschlichen Schädel.