Bastian Zimmermann dokumentiert in setting up „alif“ 3, wie die Positionierung und die Choreografie Musiker*innen in der Installation Chiharu Shiotas erprobt werden. Wie können in der filigranen Anordnung von Schläuchen die Musiker*innen Teil des Organismus werden?

 

Bassklarinettist Miguel Pérez Iñesta  und Jeremias Schwarzer © Bastian Zimmermann

 

11 Uhr: Soloprobe Bassklarinette mit Miguel Pérez Iñesta. Jeremias Schwarzer und Pérez Iñesta arbeiten sich durch eine der mehreren neuen Versionen des Stücks „Lámed“ von Samir Odeh- Tamimi, die für dieses Projekt entstanden sind. Es fallen Worte zur Dichte, wie Töne zu binden seien, sie sprechen zu lassen. Pérez Iñesta steht inmitten der ersten im Raum verteilten Schläuche. Noch scheint ein Missverhältnis zu bestehen. Ist es der Körper inmitten eines Chaos von Schläuchen? Aber wie soll man zwischen den verhältnismäßig großen Körpern und den vielen kleinen Schläuchen vermitteln, wie sie zu einer organischen Einheit werden lassen? Man erinnert sich an die gewaltigen Installationen Shiotas. Im Hintergrund werden unterdessen Leinwände rund um die bespielte Fläche aufgebaut, die das detailreiche Geschehen in Close-Ups eindringlicher darstellen sollen. Doch noch ist der Kameramann Andreas Höfer nicht vor Ort.
Die nächsten Probentage sind der Rolle der Musik und der Musiker*innen in der alif-Installation gewidmet. Neben dem alif-Werk, das sämtliche Ensemblemitglieder beschäftigt, erklingen in den 4, 5 Stunden der Installation sicher ein Dutzend kleinere Werke von Samir Odeh-Tamimi in allem möglichen Konstellationen: Solos, Duos, Trios, Quartett.

Ausschnitt aus einer Partitur von Samir Odeh-Tamimi © Bastian Zimmermann

14 Uhr: Salome Kammer nimmt Position ein. Ihre Stimmkunst soll in der Installation eine Vermittlungsfunktion erfüllen – zwischen der Elektronik, den Instrumentalstücken und der Installation: Sie ist Teil des alif-Werks und mehrerer kleineren Konstellationen mit einzelnen Instrumenten und wird an manchen Stellen mit Stefan Goldmann und seiner Elektronik improvisieren. Sie ist auch die einzige Musikerin, die sich wirklich frei bewegen kann im Raum, ohne zusätzliches Instrument, nur ihre Stimme und der resonierende Körper. Wie soll sie sich in der Installation verhalten? Kammer nimmt einige Schläuche in die Hand, wickelt sie um ihren Körper. Man diskutiert ein weißes Kleid. Ist das zu pathetisch? Oder bedarf es einfach eines anderen Kostüms? Kammer improvisiert die verklausulierten Silben: DGO____RAGM RACG GÖ____ART E

Salome Kammer © Bastian Zimmermann

Die nun folgenden Tage werden dominiert von diesen wichtigen künstlerischen Fragestellungen der Inszenierung. Nach den Proben in der Installation steht die Musik soweit, jeweils für sich. Wie soll man sie aber verbinden, Übergänge schaffen? Ein Durchatmen – Pause oder fünf Sekunden Stille – oder soll man sie doch ineinander überblenden? Wie verbindet sich die Musik mit den Maschinen? Die Loops der Elektronik bilden erstaunlich schnell einen kontraktiven Puls zum Puls der Schläuche. Die Instrumentalstücke wirken eher wie unkalkulierbare Statements, in den Raum geballert. Was bedeutet da diese Pump-Maschinerie? Welche Rolle nimmt der Musiker-Körper darin ein? Ist er mehr als die Schläuche? Oder will man ihn eher als einen Teil des Organismus?

Martin Posegga in der Installation © Bastian Zimmermann

 

Chiharu Shiota „alif“-Installation © Bastian Zimmermann

 

„alif::split in the wall“ wird am 18. und 19. März jeweils von 19:00 – 24:00 Uhr im Rahmen von MaerzMusik – Festival für Zeitfragen im Radialsystem V zu erleben sein. Die Installation „alif“ von Chiharu Shiota ist außerdem am 19. und 20. März von 12:00 – 18:00 Uhr für die Öffentlichkeit zugänglich.